Positive Psychotherapie

Die Positive Psychotherapie wurde bereits 2006 an der University of Pennsylvania konzipiert, ihre therapeutische Wirksamkeit ist mit einer Anzahl Forschungsstudien gut belegt. Positive Psychotherapie beruht auf einer Grundbedürfnisse-basierten und stärkenorientierten Psychotherapie. Nach dem Konzept menschlicher Grundbedürfnisse von Prof. Martin Seligman sind fünf Komponenten relevant: Genuss, in einer Sache aufgehen (Flow), Positive Beziehungen, Sinn und Zielerreichung. Die Klassifikation der Charakterstärken und Tugenden nach Prof. Christopher Peterson umfasst die Kardinaltugenden Weisheit und Wissen, Mut, Menschlichkeit, Gerechtigkeit, Mässigung und Transzendenz. Diese Tugendbereiche werden in 24 Teilaspekte bzw. Charakterstärken unterteilt. Besonders fünf Stärken weisen eine hohe Korrelation zur Lebenszufriedenheit auf; dies sind Bindungsfähigkeit, Hoffnung, Dankbarkeit, Neugier und Enthusiasmus.

Die Positive Psychotherapie fokussiert auf die Situation des Betroffenen mit allen Problemen, aber auch auf die Erforschung seiner Stärken. Diese Stärken werden mit persönlich bedeutsamen Zielen verbunden. Die Therapie richtet sich auf die Kultivierung positiver Emotionen und die Überwindung negativer Erinnerungen sowie auf Förderung von Sinnhaftigkeit und positiven Beziehungen. Die zentrale Hypothese lautet, dass der Aufbau von positiven Emotionen, Stärken und Lebenssinn die traditionelle Psychotherapie depressiver Patienten ergänzt und die Patienten dabei unterstützt, schwierige Zeiten zu überwinden. Patienten berichten mir immer wieder, wie sie gerade durch den Fokus auf die eigenen Stärken das eigene Selbstwertgefühl wieder aufrichten konnten. Zur Stabilisierung in Krisensituationen ist ein positiver Fokus als erster Schritt hilfreich, bevor gegebenenfalls verdrängte Konflikte bearbeitet werden können. Der Online-Fragebogen zur Testung der Charakterstärken findet sich unter www.charakterstaerken.org.

Klinische Depression geht nicht nur mit einer Zunahme negativer Gemütszustände, sondern auch mit der Abnahme einer positiven Stimmungslage einher. Bei depressiven Patienten findet sich eine Reduktion der Aktivität im linksseitigen Frontalkortex, d.h. die Verarbeitung positiver Emotionen ist bei depressiven Patienten reduziert oder blockiert. Mit der Entwicklung positiver Emotionen wirkt die Positive Psychotherapie gezielt der depressiven Dysregulation entgegen durch Aktivierung der linken Hemisphäre. Um die hemisphärische Dysbalance der Depression ins Lot zu bringen, ergänzen sich Positive Psychotherapie und problemorientierte Psychotherapie auf ideale Weise und sollten für eine effiziente Therapie gemeinsam angewendet werden. Eine umfassende Einführung in die Postivie Psychotherapie findet sich in meinem Handbuch für die klinische Praxis.